Schloss Osterstein und Kirche St. Marien
In der Industriestadt Gera sind nur wenige Zeugnisse mittelalterlicher Geschichte zu entdecken. Die Bauten aus dieser Zeit sind später meist durch neue Gebäude verdrängt oder architektonisch überformt worden. Das bekannteste Relikt aus der Zeit der Vögte von Gera ist der weithin sichtbare Bergfried von Schloss Osterstein. Er ist der Rest der mittelalterlichen Burganlage und war Bestandteil des späteren Residenzschlosses der Fürsten Reuß jüngerer Linie, das im Zweiten Weltkrieg zerstört wurde. Mit seiner parkähnlichen Umgebung und dem Terrassencafé ist die Anlage ein beliebtes Ausfugsziel der Geraer.Im Stadtteil Untermhaus, direkt unterhalb des Schlosses Osterstein am linken Ufer der Weißen Elster, ist die Kirche »St. Marien« das dominierende historische Gebäude. Das Gotteshaus geht auf eine mittelalterliche Kapelle aus der Zeit um 1200 zurück. Die ältesten Bestandteile — Turm, Altarraum und Teile des Langhauses — sind aus Falkaer Sandstein in spätgotischem Stil errichtet. Eine kunsthistorische Kostbarkeit ist der erhaltene Flügelaltar aus dem 15. Jahrhundert, der als ein Meisterwerk der Hochgotik anzusehen ist. Er ist eine Stiftung zweier Geraer Kaufmannsfamilien und entstand wahrscheinlich im Umfeld des Franziskanerklosters in Saalfeld.
Romanische Dorfkirchen um Gera und Weida
Viele Dorfkirchen im Gebiet um Weida, Triptis und Gera stammen aus der frühen Herrschaftszeit der Vögte. Ihr Bau stand im Zusammenhang mit der kirchlichen Durchdringung der Region, die den Landesausbau des 12. und 13. Jahrhunderts begleitete. Zu nennen sind unter anderem Burkersdorf, Forstwolfersdorf, Frießnitz, Geißen, Grochwitz, Lusan, Schömberg, Seifertsdorf, Steinsdorf, Wetzdorf und Wöhlsdorf. Am heutigen Baubestand dieser Gotteshäuser sind trotz späterer Überformungen oftmals noch deutlich romanische Stilelemente zu erkennen. So deutet eine im Grundriss halbrunde oder polygonale Apsis auf einen Kirchenbau aus romanischer Zeit hin. Die Apsis schließt dabei entweder direkt an den Kirchensaal an, oder sie bildet zusammen mit Saal und eingezogenem Chorquadrat eine sogenannte vollständige Anlage. Auch die schmalen Rundbogenfenster sind typisch für die Romanik und lassen sich an einigen der massiven Kirchtürme entdecken. Die mittelalterlichen Dorfkirchen in Döblitz und Schüptitz werden in der Literatur zumeist als »Wehrkirchen« charakterisiert, da sie von einem Wall umgeben waren oder ihr Turm eine auskragende Form hat.
Kirche St. Veit und das Kloster Cronschwitz
Die Kirche St. Veit ist eine der ältesten Sakralbauten des Vogtlandes. Sie war zur frühen Herrschaftszeit der Vögte von Weida der Mittelpunkt einer Urpfarrei, die einen sehr großen Sprengel um Weida und Wünschendorf umfasste. Besonders sehenswert sind in der Veitskirche zwei farbige Glasbilder aus romanischer Zeit (wahrscheinlich um 1170). Sie waren Bestandteil einer Wurzel-Jesse-Darstellung und zeigen ein Christusporträt und einen alttestamentlichen König. Die Glasbilder und die um 1200 errichtete Kapelle verweisen auf Einflüsse des niedersächsischen Kunstkreises bei der Gestaltung von St. Veit. 1238 stiftete Jutta, geschiedene Gemahlin Vogt Heinrich IV. von Weida, das Frauenkloster Cronschwitz. Erhalten sind Reste der Kirche, einige Grabplatten und das ehemalige Gästehaus als Bestandteil des heutigen Pfarrhofes. Kloster Cronschwitz war im Mittelalter das bedeutendste Frauenstift des Vogtlandes, dessen Nonnen vor allem der Stifterfamilie der Vögte und ihrem Lehnsadel entstammten.
Prämonstratenserstift Mildenfurth
Eines der bedeutendsten Bauwerke der Vögte von Weida ist das Prämonstratenserstift Mildenfurth. Es wurde 1193 als Hauskloster und Grablege gegründet und sollte dem ewigen Seelenheil der Stifterfamilie dienen. Gleichzeitig war die Anlage der Klosterkirche in Form einer kreuzförmigen Pfeilerbasilika ein Ausdruck vom selbstbewussten Herrschaftsanspruch der Vögte. Der Bau orientierte sich in Größe und Ausstattung am Vorbild Naumburger Dom. Im Zuge der Reformation wurde das Stift von den Wettinern aufgelöst und das Amt Mildenfurth eingerichtet.Von der mittelalterlichen Bausubstanz sind heute neben dem Portal der ehemaligen Westturmanlage und den Resten eines gotischen Kreuzganges die zentralen Bestandteile der Klosterkirche noch vorhanden, da Querhaus, Hauptchor und Langhaus zu einem Renaissanceschloss ausgebaut wurden. Den Umbau veranlasste der Coburger Festungshauptmann Matthes von Wallenrod, der Mildenfurth 1544 gekauft hatte. Heute wird der Komplex von der Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten verwaltet und vom Künstlerehepaar Volkmar Kühn und Marita Kühn-Leihbecher bewohnt. Sie nutzen die Anlage als Werkstatt und Galerie und laden regelmäßig zu künstlerischen und musikalischen Veranstaltungen ein.
Burg Osterburg und die Stadt Weida
Herkunft und früheste Geschichte der Vögte von Weida sind bis heute nicht eindeutig geklärt und werden von Historikern weiter lebhaft diskutiert. Fest steht jedoch, dass Weida das erste und wichtigste Herrschaftszentrum der Heinrichinger im Vogtland war. Schon 1209 wird in einer Urkunde neben der Burg die Siedlung Weida als »civitas«, also »Stadt«, bezeichnet. Der reiche Bestand an mittelalterlicher Architektur lässt die historische Bedeutung des Ortes noch heute anschaulich werden. Dazu zählen die Ruinen der Widen- und Peterskirche (jeweils Pfarrkirche der mittelalterlichen Alt- bzw. Neustadt), das »Kornhaus« (ehemalige Klosterkirche der Dominikanerinnen), die Reste der Stadtmauer mit mehreren Wehrtürmen und die heutige Stadtkirche St. Marien, die bis zur Reformation eine Predigerkirche der Franziskaner war. Über der Stadt thront — quasi als Sinnbild der Herrschaft der Vögte — die mächtige Osterburg, deren älteste Bestandteile nach neueren Untersuchungen mit dem 3. Viertel des 12. Jahrhunderts datiert werden. Architektonischer Glanzpunkt aus dieser Zeit ist der jüngst wiederentdeckte mehrstöckige romanische Saalbau, der wohl den Palas der Burg darstellte. Von ihm konnten Arkaden, Überfangbögen, Säulen und Kapitelle an den Außenwänden freigelegt und als Bauzitate modern in Szene gesetzt werden.
Kleine mittelalterliche Wehranlagen und Herrensitze
Als archäologische Bodendenkmale zeugen die Reste von zahlreichen kleineren Wehranlagen im Gebiet des nördlichen Vogtlands vom intensiven Landesausbau, der die Region im Umfeld der großen Burgen der Vögte von Weida, Gera und Greiz im 12. und 13. Jahrhundert erfasste. Zu nennen sind Albersdorf, Braunsdorf, Brückla, Dorna, Ernsee, Geißen, Gommla, Großaga, Großdraxdorf, Großkundorf, Großsaara, Hain, Herrmannsgrün, Kahmer, Laasen, Langenberg, Lessen, Leumnitz, Liebschwitz, Liebsdorf, Lunzig, Mehla, Pahren, Pforten, Pölzig, Pöppeln, Roben, Röpsen, Roschütz, Rubitz, Rüßdorf, Scheubengrobsdorf, Staitz und Taubenpreskeln. Diese lokalen Herrensitze dienten der herrschaftlichen Durchdringung des Landes und erfüllten militärische, administrative und wirtschaftliche Funktionen. Zumeist lagen sie in der Nähe der Weißen Elster bzw. deren Nebengewässern und kontrollierten an strategisch günstigen Stellen örtliche Verkehrswege. Es wurden sowohl Höhenlagen als auch Niederungen als Standorte ausgewählt. Die Gebäude und Befestigungen dieser Herrensitze waren noch in Holzbauweise errichtet. Sie sind daher heute nur noch als archäologische Bodendenkmale nachweisbar. Von den Wehranlagen mit Wassergraben, die oft als »Waal« bezeichnet werden, sind zumeist Erdwälle und Teiche im Landschaftsbild erhalten. Manchmal zeugen aber auch nur Flurnamen von der Existenz eines Herrensitzes.Da zu den kleinen Wehranlagen kaum etwas in Urkunden überliefert ist, kommt der Archäologie bei deren Erforschung eine große Bedeutung zu. Seit dem frühen 19. Jahrhundert führte der Vogtländische Altertumsforschende Verein zu Hohenleuben an zahlreichen Stellen in der Region Grabungen durch. Das reiche Fundmaterial an mittelalterlicher Keramik wird heute im Museum Reichenfels ausgestellt.